
Die Verschwörung gegen die Demokratie in Amerika ist ein Vorwurf gegen Donald Trump, den aktuellen Präsidenten der USA. Dieser Vorwurf ist ähnlich motiviert wie die Vorhaltung der Zerstörung der Demokratie durch Trump. Grundlage für beide Vorwürfe sind die Eingriffe, die Trump in die demokratischen Institutionen unterstellt werden. Doch die USA sind eine Präsidialdemokratie, die dem Präsidenten besondere Rechte einräumt. Dennoch neigt der aktuelle Präsident aus Sicht seiner Kritiker zur Verschwörung gegen die Demokratie in Amerika. Der Roman „Verschwörung gegen Amerika“ von Philip Roth aus dem Jahre 2004 gilt Kritikern als literarische Vorhersage von Trump.
Demokratie in Amerika
Die Demokratie in Amerika ist die älteste Demokratie aus der Neuzeit. In ihrer Verfassung von 1787 legt sie den Präsidenten als Hegemon fest. Die Amtszeit ist seit 1951 gesetzlich auf zwei Wahlperioden begrenzt.
Die Kontrolle des Präsidenten liegt beim Kongress. Doch das oberste Gericht ist im Laufe der Zeit zu seinem zusätzlichen Kontrolleur in Erscheinung getreten. Deshalb diskutieren Verfassungsrechtler, wie eine Übermacht des Präsidenten, aber auch eine Übermacht der Gerichte zu verhindern ist.
Literarische Vorhersage einer Verschwörung in Amerika
Die literarische Vorhersage einer Verschwörung in Amerika meint, dass Donald Trump (*1946) als präsidialer Verschwörer gegen die Demokratie bereits romanhaft vorausgesagt worden ist.
Im aktuellen Blickpunkt steht der kontrafaktische Roman „Verschwörung gegen Amerika“ vom US-amerikanischen Autor Philip Roth (1933-2018) aus dem Jahre 2004. Der darin geschilderte Präsident der USA soll 20 Jahre nach Erscheinen des Buches als regierender Präsident der USA Wirklichkeit geworden sein.
Der Weg zum Roman „Verschwörung gegen Amerika“
Der Weg zum Roman „Verschwörung gegen Amerika“ von Philip Roth als Vorhersage von Trump führt über die Idee zum Roman, zum Titel und zur Kontrafaktizität der Darstellung.
Der Roman schildert das Schicksal einer jüdischen Familie in den USA zu Beginn des 2. Weltkrieges, genauer von Juni 1940 bis Oktober 1942. Sie wird zur Leidtragenden einer faschistischen Präsidentschaft. Parallelen zum Schicksal des damals Nobelpreis verdächtigen US-amerikanischen Autors Philip Roth sind unverkennbar.
Idee zum Roman
Die Idee zum Roman kam Roth nach der Lektüre der Autobiografie des US-amerikanischen Historikers Arthur M. Schlesinger (1917 – 2017).
Demnach hätten konservative Kreise erwogen, den Luftfahrtpionier und Mitbegründer des America-First-Committee Charles Lindbergh (1902-1974) zum Präsidentschaftskandidaten vorzuschlagen.
Titel des Romans
Der Titel des Romans lautet in deutscher Übersetzung „Verschwörung gegen Amerika“; das Original heißt „Plot Against America“.
„Plot“ bedeutet „Handlung“, in entsprechendem Zusammenhang auch „Verschwörung“. Die Übersetzungen von „Verschwörung“ ins Englische sind entweder „complot“, die Verabredung zu einer Straftat, oder „conspiracy“, die geheime Zusammenarbeit zum Nachteil Dritter. Am Inhalt des Romans gemessen ist die Übersetzung „Handlung“ treffender als „Verschwörung“. Anzeichen für eine Verschwörung sind im Roman nicht ersichtlich, wohl aber Handlungen gegen die Demokratie in Amerika.
Einer Verschwörung jüdischer Kreise wird im Roman die Entführung von Lindbergh, dem 33. Präsidenten, zugeschrieben. Sie soll dessen unerklärliches Verschwinden begründen. Sie wäre bei Zutreffen eine Handlung für Amerika und nicht gegen Amerika. („Verschwörung gegen Amerika“, S. 336)
Kontrafaktischer Roman
Die „Verschwörung gegen Amerika“ ist ein kontrafaktischer Roman, ein Roman gegen die historischen Fakten. Anders ausgedrückt, beschreibt er eine Geschichte, die virtuell, nicht real ist.
Eine weitere literarische Bezeichnung der „Verschwörung gegen Amerika“ ist Uchronie, von griechisch Ou-Chronos = Nichtzeit. Die geschilderte Darstellung ist zeitbezogen fiktiv im Gegensatz zur Utopie, die keinen Ort hat (Ou-Topos = Nicht-Ort).
Die Kontrafaktizität einer Geschichte tauscht virtuelle Fakten gegen historische Tatsachen zu einer festgelegten Zeit aus, um Erkenntnisse aus dem fiktiven Verlauf zu ermöglichen.
Kontrafaktizität in „Verschwörung gegen Amerika“
Der Kontrafaktizität in „Verschwörung gegen Amerika“ trägt der Autor Philip Roth durch verschiedene Maßnahmen Rechnung.
Zeitspanne des Romans: Charles Lindbergh ist in der Zeitspanne von 1940 bis 1942 anstelle von Franklin D. Roosevelt (1882-1945) der 33. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika.
Faktizität der Zitate: Die Faktizität der Zitate von Lindbergh beweist, dass seine Sympathie für Hitler-Deutschland der Wirklichkeit entspricht.
Nachbemerkung: Die Nachbemerkung enthält Kurzbiografien und Erläuterungen zu den wichtigsten historischen Gestalten. Sie enthalten Hinweise an den Leser, wie er die Kontrafaktizität der Darstellung nachvollziehen kann.
Dokumentation: Die Dokumentation enthält zu demselben Zweck eine Rede von Lindbergh vor dem America First Committee und den Auszug aus einer Biografie zu Charles Lindbergh.
Zusammenfassung zu „Der Weg zum Roman ‚Verschwörung gegen Amerika‘“
Der Roman „Verschwörung gegen Amerika“ von Philip Roth beschreibt das Leben einer jüdischen Familie zu Anfang des 2. Weltkrieges in den USA. Angeregt zu dem Buch wurde Roth durch die Lektüre der Autobiografie von Arthur Schlesinger.
Die Autobiografie weist auf Lindbergh als Präsidentschaftskandidaten hin. Der Originaltitel lautet „The Plot Against America“, zu Deutsch „Handlung gegen Amerika“. Obwohl „Plot“ auch „Verschwörung“ heißen kann, ist „Handlung“ die treffendere Übersetzung. Die „Verschwörung gegen Amerika“ erzählt eine kontrafaktische Geschichte, in der Charles Lindbergh statt Franklin D. Roosevelt Präsident der USA ist. Zur Erläuterung der Kontrafaktizität hat Roth seinem Buch eine Dokumentation zu Lebensläufen im Roman handelnder Personen beigefügt.
Inhalt vom Roman „Verschwörung gegen Amerika“
Der Inhalt vom Roman „Verschwörung gegen Amerika“ wird verkürzt dargestellt; denn in diesem Beitrag geht es um die Schilderung der Verschwörung. Daran schließt sich die Frage an, ob der Roman eine Vorhersage der aktuellen Präsidentschaft von Donald Trump ist. Die geschilderten Auswirkungen von Lindberghs Präsidentschaft auf die Juden, insbesondere auf die Familie Roth, interessieren nur am Rande.
Vorgeschichte von Lindbergh
Die Vorgeschichte von Lindbergh beginnt im Jahre 1927.
Damals hatte der Luftfahrtpionier mit seinem Eindecker „Spirit of St. Louis“ in einem gut 33stündigen Alleinflug die Strecke Long Island – Paris nonstop zurückgelegt. Für diese Leistung wurde er in Deutschland vom Führer Adolf Hitler (1889-1945) hofiert. Der Reichsmarschall Hermann Göring (1893-1945) verlieh ihm 1937 feierlich den Verdienstorden vom Deutschen Adler.
Von da an bewunderte Lindbergh Hitler als „großen Mann“ und Deutschland als „interessanteste Nation der Welt“.
Lindbergh als Präsidentschaftskandidat
Lindbergh als Präsidentschaftskandidat war eine Notlösung der Republikaner. Im April 1939 war Lindbergh in die USA zurückgekehrt, die er nach dem Strafprozess gegen den Mörder seines Sohnes verlassen hatte.
Kurz danach begann der Wahlkampf um das Amt des Präsidenten der USA. Die Republikaner warfen dem von den Demokraten gestellten Präsidenten Franklin D. Roosevelt Interventionismus vor. Roosevelt wolle die USA in den 2. Weltkrieg zu Gunsten von England führen. Da die Republikaner keinen zugkräftigen Kandidaten hatten, nominierten sie im Juni 1940 Lindbergh zum Präsidentschaftskandidaten. Er trat mit dem Slogan „Vote for Lindbergh or vote for war“ („Stimme für Lindbergh oder stimme für den Krieg“) und fegte mit einem Erdrutschsieg Roosevelt aus dem Amt.
Amtsantritt des Präsidenten Lindbergh
Der Amtsantritt des Präsidenten Lindbergh begann mit folgenden Maßnahmen:
- Zu seinem Vizepräsidenten ernannte er Burton K. Wheeler (1882-1975).
- Henry Ford (1863-1947) machte er zu seinem Innenminister.
- Anschließend reiste er nach Island, um Hitler persönlich zu treffen. Mit ihm schloss er ein Geheimabkommen mit dem Titel „Neue faschistische Ordnung für Amerika“ ab.
Begeisterter Empfang für den deutschen Außenminister Ribbentrop
Einen begeisterten Empfang für den deutschen Außenminister Joachim von Ribbentrop (1893-1946) gab Lindbergh im Frühjahr 1942, um seine Nähe zu Nazi-Deutschland unter Beweis zu stellen.
Ribbentrop, der seinen Adelstitel durch Adoption erlangt hatte, war erklärter Nazi. Er wollte noch an der Regierung Dönitz nach Hitlers Ableben beteiligt sein. Vor dem Nürnberger Tribunal als Kriegsverbrecher angeklagt, zeigte er keine Reue. Er wurde 1946 hingerichtet.
Roosevelt meldete sich auf der politischen Bühne zurück und verlangte von Lindbergh ohne Erfolg, die Einladung Ribbentrops zu stornieren.
Umsiedlung der Juden nach Homestead 42
Eine Umsiedlung der Juden nach Homestead 42 betrieb Innenminister Ford sofort nach Erlass dieses Acts.
Homestead 42 schloss an den Homestead Act 1862 an, der die Umsiedlung von Farmern in den Westen Amerikas unterstützte. Der Homestead Act 1862 überschrieb den Farmern 64 Hektar Land kostenlos, wenn sie das Land urbar gemacht hatten.
Homestead 42 jedoch war ein Umsiedlungsprogramm von Juden, um deren Siedlungen zu zerstören. Das Zwangsmittel gegen umsiedlungsunwillige Juden war die Kündigung von deren Arbeitsverhältnissen.
Entlassung eines kritischen Rundfunkreporters
Die Entlassung eines kritischen Rundfunkreporters wie Walter Winchell (1897-1972) diente der Maßregelung von Rundfunk und Presse.
Winchell bezeichnete die Gefolgsleute von Lindbergh auch als „Fünfte Kolonne“. Mit seinen Sendungen erreichte er 25 Millionen Hörer Woche für Woche. Am Sonntag, 30. August 1942, wurde er wenige Stunden vor seiner Sendung von seinem Sponsor Jergens-Lotion gefeuert und später von seinem Verleger William R. Hearst (1863-1951) auf Druck des Weißen Hauses entlassen.
Hearst, ursprünglich Demokrat, hatte für die Ansichten von Winchell nur Verachtung übrig; aber aus freien Stücken hätte er ihn deswegen nicht entlassen. Faktisch blickte er positiv auf die Nazis, seit er 1934 von Hitler persönlich empfangen worden war. Allerdings vollzog er nach der Reichskristallnacht vom 09. November 1938 eine Kehrtwende.
Im Roman wird Winchell aus Rache gegen seine Entlassung Präsidentschaftskandidat der Demokraten, weil Roosevelt keine dritte Amtszeit anstrebte. Bei einer Wahlkampfveranstaltung fiel Winchell einem Mordanschlag zum Opfer.
Verschwinden von Lindbergh
Das Verschwinden von Lindbergh begann mit der Trauerfeier für Winchell am 06. Oktober 1942. Er war zur Beerdigung seines Parteifreundes erwartet worden; doch er erschien nicht.
Stattdessen hob am Morgen des 07. Oktober 1942 die „Spirit of St. Louis“ von der Startbahn Long Island ab. In Long Island hatte Lindbergh einst seinen Alleinflug vom 20. Mai 1927 begonnen. Am Steuer saß Präsident Charles Lindbergh. Nach dem Start wurde er nicht mehr gesehen.
Spekulationen über sein Verschwinden unterstellten seine Entführung durch eine Verschwörung jüdischer Kreise.
Nachträgliche Erkenntnisse zur Erpressung durch Hitler
Nachträgliche Erkenntnisse zur Erpressung durch Hitler ergaben, dass er den Sohn Lindberghs entführen ließ.
Mit der Erpressung Lindberghs wollte er die USA zehn Jahre unter seine Kontrolle bringen. Heinrich Himmler (1900-1945), der Vasall Hitlers, nannte Lindbergh geringschätzig „unseren amerikanischen Gauleiter“ und „einen einsamen Adler mit Hühnerherzen“.
Zum Zeitpunkt des Verschwindens von Lindbergh hatte Hitler sein Interesse bereits an ihm verloren und Henry Ford trotz seines hohen Alters zu dessen Nachfolger bestimmt.
Putschversuch des Vizepräsidenten Wheeler
Der Putschversuch des Vizepräsidenten Wheeler war nur ein Intermezzo.
Er übernahm spontan die Macht und versuchte einen faschistischen Putsch. Seine Gegner ließ er einsperren und die First Lady in der Psychiatrie unterbringen. Doch ihr gelang die Flucht; sie rief im Radio zum Widerstand gegen Wheeler auf und hatte damit Erfolg. Das Intermezzo von Wheeler war beendet.
Ende der Kontrafaktizität im Roman
Mit überwältigender Mehrheit wurde Roosevelt zum Präsidenten der USA in dritter Amtszeit gewählt.
Am Tag nach seiner Amtseinführung begnadigte er Wheeler. Einen Monat später nach dem Überraschungsangriff der Japaner auf Pearl Harbor traten die USA in den 2. Weltkrieg ein.
Der Roman mündet in die Wirklichkeit, die Kontrafaktizität ist beendet.
Zusammenfassung zu „Inhalt vom Roman ‚Verschwörung gegen Amerika‘“
Der Inhalt von „Verschwörung gegen Amerika“ wird verkürzt wiedergegeben. Charles Lindbergh, der als erster einen Alleinflug von Amerika nach Europa geschafft hatte, wurde zum 33. Präsidenten der USA gewählt. Nach der Wahl schlosss er ein Geheimabkommen mit Hitler über eine neue faschistische Ordnung für Amerika ab. Für Ribbentrop gab er einen begeisterten Empfang. Die ihm unliebsame Presse schaltete er unauffällig aus. Plötzlich verschwand Lindbergh unauffindbar. Sein Vizepräsident übernahm die Macht und versuchte erfolglos einen Putsch. Nachträglich stellte sich heraus, dass Hitler Lindbergh erpresst, aber später sein Interesse an Lindbergh verloren hatte. Roosevelt wurde mit überwältigender Mehrheit zum Präsidenten der USA wiedergewählt. Mit dem Überfall der Japaner auf Pearl Harbor traten die USA in den 2. Weltkrieg ein.
Neueste Erkenntnisse zur Faktizität im Roman
Die neuesten Erkenntnisse zur Faktizität im Roman belegen, dass die Nazi-Ideologie in den USA verbreiterter war als ursprünglich angenommen. Der Roman „Verschwörung gegen Amerika“ wird dadurch noch interessanter.
Henry Fords Nazi-Vergangenheit
Henry Fords Nazi-Vergangenheit wurde erst im Nachhinein deutlich.
In den Ford-Werken in Detroit kam es 1940 zu faschistischen Kundgebungen mit Fords Billigung. Ford hatte bereits 1938 zu seinem 75. Geburtstag den Deutschen Adlerorden des Nazi-Regimes erhalten.
Er war mit Lindbergh befreundet, der nach neuesten Erkenntnissen kein Nazi-Agent, wohl aber Sympathisant war. Ford war ebenfalls Mitglied im America First Committee. Antisemitische Veranstaltungen hatte er bis zu seinem Lebensende 1947 unterstützt.
Ernest Lundeens Nazi-Vergangenheit
Ernest Lundeens (1878-1940) Nazi-Vergangenheit zeigt exemplarisch die Verbreitung nazistischen Gedankenguts bei US-amerikanischen Abgeordneten auf.
Im Jahre 1940 stürzte er auf einem Linienflug aus ungeklärter Ursache ab. Im Flugzeug befanden sich auch Agenten des FBI. Ob sie ihn observieren sollten, ist unklar. In den Trümmern des Flugzeugs wurde ein angebranntes Exemplar einer nazistischen Rede gefunden, die von einem bezahlten Nazi-Agenten stammte.
Bei Ermittlungen kam es zu dem Verdacht, dass Lundeen vom Nazi-Agenten George Viereck (1884-1962) Geld genommen hatte. Dass er selbst ein Nazi-Agent war, ist bis heute unbewiesen. Ein Mitarbeiter des Abgeordneten Hamilton Fish III (1888-1991) ließ dazu Beweise verschwinden und versteckte sie im Schließfach des Repräsentantenhauses.
Auch Norma Lundeen, seine Witwe, behinderte nach dem Flugzeugabsturz die Ermittlungen durch Vernichtung von Unterlagen. Sie wollte ihn von seiner Nazi-Vergangenheit reinwaschen.
Zusammenfassung zu „Neueste Erkenntnisse zur Faktizität im Roman“
Die Bemerkungen zur Faktizität der Jahre um 1940 sind notwendig geworden, weil neueste Erkenntnisse zur Verbreitung nazistischen Gedankengutes in den USA vorliegen. Sie zeigen trotz der Reichskristallnacht und dem Überfall auf Pearl Harbor eine erstaunliche Beständigkeit. Beispiele sind Henry Ford und Ernest Lundeen. Die Lektüre von „Verschwörung gegen Amerika“ gewinnt durch diese neuen Erkenntnisse ungeahnte Aspekte.
Literarische Vorhersage von Trumps Präsidentschaft
Eine literarische Vorhersage von Trumps Präsidentschaft, also eines Trump-ähnlichen Präsidenten der USA, schreibt der deutsch-US-amerikanische Journalist Hannes Stein (* 1965) dem Roman von Philip Roth „Verschwörung gegen Amerika“ zu: „Vor zwanzig Jahren veröffentlichte Philip Roth einen Roman, der dem Amerika von heute erstaunlich nahekommt. Er spielt 1942 und ein Hitler-Sympathisant ist Präsident ….“. („Meinung, Was Philip Roth schon vor Jahrzehnten kommen sah“, Welt, 09.04.2025, S. 1)
Inhalt der Vorhersage
Der Inhalt der Vorhersage basiert auf dem Eintreten der Parallelität der politischen Verhältnisse der USA im Jahre 1942 und heute.
Diese Parallelität ist laut Stein bereits eingetreten: „Da fest damit gerechnet werden muss, dass das Silberhaar des Massenmörders Wladimir Putin im Weißen Haus auftauchen wird, kann darauf verzichtet werden, die offenkundige Parallele zwischen dem Roman von Philip Roth und der verrückten Gegenwart allzu dick auszumalen.“ (ebda., S. 3)
Eintreten der Parallelitäten
Das Eintreten der Parallelitäten setzt eine Ähnlichkeit von Charles Lindbergh, dem Präsidenten aus dem Roman, und dem aktuellen Präsidenten Donald Trump voraus.
- Lindbergh ist ein Nazi-Sympathisant, Trump allerdings nicht.
- Lindbergh hat einen Steuermann, der ihn steuert, er heißt Adolf Hitler. Trumps Steuermann ist laut Stein Putin. Doch Putin steuert Trump nicht.
- Hitler erpresst Lindbergh, seit er dessen Sohn entführt hat. Eine Erpressung Trumps durch Putin ist nicht bekannt.
- Himmler benennt die Abhängigkeit von Lindbergh mit „unseren amerikanischen Gauleiter“. Dass Putin Trump eine ähnliche Abhängigkeit zuordnet, ist abwegig.
- Auf der ersten Reise nach Deutschland erhält Lindbergh einen Orden, der ihn für Hitler einnimmt. Trump tritt seine ersten Reise in die Sowjetunion 1987 auf Einladung des sowjetischen Botschafters an. Er wird bereits auf dem Flug vom KGB kontaktiert. Dass daraus eine bis heute bestehende Feindschaft gegen die NATO herrührt, ist Spekulation.
- Steinbachs Prognose, dass Putin im Weißen Haus auftauchen wird, findet im Roman keine Entsprechung. Hitler taucht nicht im Weißen Haus auf. Dass Putin dort auftauchen wird, ist durch das Treffen mit Trump in Alaska im August 2025 ausreichend widerlegt.
Die Vorhersage Trump basiert auf Parallelitäten zwischen Lindbergh und Trump. Doch alle untersuchten Möglichkeiten von Parallelitäten treffen nicht zu.
Aspekte der Vorhersage
Einige Aspekte der Vorhersage von Trump sind ergänzend zu betrachten.
Verschwörung
Die Verschwörung, die im deutschen Titel des Romans aufgeführt ist, ist im Original ein Plot, eine Handlung. Egal, ob Verschwörung oder Handlung, ihr Urheber ist nicht Lindbergh, sondern Hitler. Er erpresst Lindbergh, weil er über ihn, seinen „Gauleiter“, die USA beherrschen will.
Eine Abhängigkeit Trumps von Putin besteht nicht, so dass die romanhafte „Verschwörung gegen Amerika“ nicht zur Vorhersage von Trump taugt.
Nazi-Einflüsse
Die Nazi-Einflüsse aus Deutschland auf Lindbergh ziehen sich als Plots durch den gesamten Roman „Verschwörung gegen Amerika“. Sie kulminieren in Himmlers Bezeichnung von Lindbergh als „unseren amerikanischen Gauleiter.“
Zur Vorhersage von Trump eignen sich die Nazi-Einflüsse nicht, weil er kein Nazi ist.
Ausschaltung der Presse
Die Ausschaltung der Presse vollzieht sich im Roman indirekt. Der Lindbergh-kritische Rundfunkredakteur Walter Winchell verliert seine Sponsoren und wird von seinem Verleger William Hearst auf Druck des Weißen Hauses entlassen. Er verkündet, nicht aufgeben zu wollen.
Auch Trump schaltet die Presse mit indirektem Druck aus:
- „Wallstreet Journal“: Redakteure werden von einer Reise nach Schottland ausgeschlossen, weil das Blatt über eine Verbindung von Trump zum verurteilten Sexualstraftäter Jeffrey Epstein (1953-2019) berichtet hat. Eine Klage gegen den Verleger Rupert Murdoch (*1931) auf Schadensersatz in Höhe von 10 Mrd. USD ist eingereicht.
- „Associated Press“: Für Redakteure sind Mitflüge gestrichen, weil AP weiter „Golf von Mexico“ statt „Golf von Amerika“ schreibt.
- ABC: Der Sender hat seinen Korrespondenten Terry Moran (*1959) entlassen, weil er in einer Nachtsendung Trump scharf attackiert hat. Die persönliche Attacke sei nicht Stil von ABC. Moran will seine Berichterstattung fortsetzen, wie es Winchell im Roman „Verschwörung gegen Amerika“ getan hat.
- CBS: CBS hat die Late-Night-Show des Satirikers Stephen Colbert (*1964) ab Mai 2026 aus finanziellen Gründen abgesetzt, auch zur Freude von Trump, der Thema von dessen Satiren war.
Parallelen bei der Ausschaltung der Presse sind unverkennbar. Deshalb lässt „Verschwörung gegen Amerika“ in diesem Punkt eine Vorhersage von Trump zu.
Kontrafaktizität
Die Kontrafaktizität von „Verschwörung gegen Amerika“ ergibt sich schon aus der Idee zum Roman. Roth geht der Frage nach, was wäre, wenn Lindbergh tatsächlich Präsident der USA gewesen wäre. Lindbergh ist kontrafaktisch zu Roosevelt. Trump ist aber nicht kontrafaktisch zu sich selbst.
Eine kontrafaktische Vorhersage von Trump ist nicht möglich.
Eutopie
Eine Eutopie, eine Utopie mit gutem Ausgang, attestiert Steinbach der „Verschwörung gegen Amerika“, die er mit einer Hoffnung für die Realität verbindet: „Franklin D. Roosevelt kehrt ins Weiße Haus zurück, die Geschichte gerät wieder in ihr vertrautes Gleis. Hoffen wir, dass die Realität auch hier dem Roman folgt.“ (ebda., S. 5)
Die „Verschwörung gegen Amerika“ ist bis zum Verschwinden von Lindbergh eine Dystopie, eine Utopie mit schlechtem Ausgang. Sie verstärkt sich noch durch den Putschversuch von Wheeler. Mit dem Aufruf zum Widerstand der First Lady gegen Wheeler beginnt die Eutopie. Sie ist noch kontrafaktisch. Sie wird erst faktisch mit der Wahl von Roosevelt zum Präsidenten der USA.
Das Hoffen, dass die Realität dem Roman folgt, bedeutet realistisch: auf Trump als Präsident der USA folgt erst ein Putschist und dann ein geeigneter Kandidat. Doch Hoffen ist kein Selbstgänger, es will gelernt sein, wie der deutsche Philosoph Ernst Bloch (1885-1977) schreibt. „Es kommt darauf an, das Hoffen zu lernen.“ („Prinzip Hoffnung“, S.1)
Eine Eutopie ist zwar Vorhersage fähig. In „Verschwörung gegen Amerika“ ist sie aber zur Vorhersage von Trump nicht geeignet; denn Lindbergh, die Vorlage für Trump, verschwindet bereits im dystopischen Teil des Romans, also vor Beginn der Eutopie. Eine Dystopie kann vorhergesagt werden. Doch ein spurloses Verschwinden von Trump, der sich zum zweiten Mal an die Macht gekämpft hat, ist eine unwahrscheinliche Prognose. Zur Vorhersage eignet sich das Hoffen erst, wenn man es gelernt hat.
Ein Lernerfolg ist jedoch zu bezweifeln, wenn gehofft wird, dass nach der Vorhersage von Trump erst dessen Nach-Nachfolger eutopisch Realität wird.
Ergebnis zu „Aspekte der Vorhersage“
Im Ergebnis zu den aufgezeigten Aspekten zur Vorhersage von Trump stellt sich nur die Ausschaltung der Presse als Vorhersagemöglichkeit heraus; denn sie verfügt über die notwendigen Parallelitäten. Die Tatsache, dass „Verschwörung gegen Amerika“ von Philip Roth nicht zur Vorhersage von Trump taugt, tut der literarischen Bedeutung des kontrafaktischen Romans bei Weitem keinen Abbruch.
Zusammenfassung zu „Literarische Vorhersage von Trumps Präsidentschaft“
Die Vorhersage, dass ein zu Lindbergh kongenialer Präsident die USA führen wird, setzt Ähnlichkeiten zu dem prognostizierten Nachfolger voraus. Solche Ähnlichkeiten bestehen zwischen Lindbergh und Trump nicht; ähnliche Abhängigkeitsverhältnisse sind ebenso wenig erkennbar. Auch sind parallele schädliche Einflüsse in ersten Reisen von Lindbergh nach Deutschland oder Trump in die Sowjetunion nicht auszumachen. Eine Parallele zwischen Hitler und Putin ist auch nicht ersichtlich. Weitere Aspekte für eine Vorhersage ergeben sich aus einer fremdbestimmten Verschwörung oder den Einflüssen von Nazis. Die
Ausschaltung der Presse ist ein weiterer Aspekt. Aus der Kontrafaktizität und der Eutopie ergeben sich ebenfalls Anhaltspunkte. Doch zur Vorhersage von Trump ist nur der Aspekt der Ausschaltung der Presse geeignet; denn er verfügt über die notwendigen Parallelitäten.
Call-to-Action
Zur ergänzenden Lektüre wird auf den Blog-Beitrag
verwiesen.
Fazit
Die Verschwörung gegen die Demokratie in Amerika folgt dem kontrafaktischen Roman „Verschwörung gegen Amerika“ von Philip Roth. Die Idee dazu kam dem Autor, als er gelesen hatte, dass der Flugpionier Charles Lindbergh als Präsidentschaftskandidat im Gespräch gewesen war. Roth stellte sich die Frage, was wäre, wenn Lindbergh tatsächlich Präsident geworden wäre. Der Inhalt des Romans interessiert in diesem Beitrag nur, sofern er die Präsidentschaft betrifft. Dazu zählen die Nazi-Affinität von Lindbergh, entsprechende präsidiale Maßnahmen mit dem Amtsantritt, Lindberghs Verschwinden und dessen Folgen. Ergänzt wird die Inhaltsangabe mit Fakten zur Faktizität des Romans.
Aktuell lesen interessierte Trump-Kritiker das 2004 erschienene Werk „Verschwörung gegen Amerika“ als Vorhersage von Trump. Doch eine Analyse des Romans widerspricht dieser Lesart, weil er die geforderten Parallelitäten von Lindbergh und Trump nicht enthält. Im Ergebnis ist es kein Nachteil, wenn die „Verschwörung gegen Amerika“ Trump nicht vorhersagt; denn allein die geschilderte Kontrafaktizität bewirkt, dass die „Verschwörung gegen Amerika“ unbedingt lesenswert bleibt.