Personalberater versucht, mit Bauelementen für den Bewerber eine Brücke über den Abgrund zu bauen.

Neue Wege zur Personalbeschaffung sollen das neue Recruiting auszeichnen, weil die alten Methoden nicht mehr die erhofften Ergebnisse erzielen. Doch alle diese Wege führen über 7 Brücken, die auch im Jahr 2020 auf die maßgeschneiderte Personalberatung zulaufen. Veränderungen in der Personalberatung seit unserem Start 1991 hatte ich das erste Mal bereits zum Jahrtausendwechsel beschrieben. Eine Neuauflage erschien 10 Jahre später.

7 Brücken zur maßgeschneiderten Personalberatung

Das neue Recruiting zur Personalbeschaffung im digitalen Zeitalter bietet sich zur Fortschreibung des Beraterbriefs „Die maßgeschneiderte Personalberatung … 10 Jahre später“  (Sonder-Beraterbrief  Mai 2010, www.kettembeil.de) an. Er geht auf „Die maßgeschneiderte Personalberatung“ ( Sonderberaterbrief 2000, www.kettembeil.de) zurück.

Die neue Form für die Fortsetzung nach 20 Jahren ist der Blog und nicht mehr der (Sonder)-Beraterbrief. Die Darstellung führt über 7 Brücken zur maßgeschneiderten Personalberatung.

1. Brücke: Zielgruppen

Zu den Zielgruppen der Interessenten für die ausgeschriebenen Positionen müssen alle Wege zur Personalbeschaffung führen. Daran kann auch das neue Recruiting nichts ändern, denn ohne Bewerber gibt es keine Besetzungen. Weil die Adressaten mit alten Suchmethoden nicht mehr erreichbar schienen, musste ein neues Personalmarketing entworfen werden. Es sollte die Wege zur Annäherungen an die Vorstellungen der gewünschten Personenkreise anpassen.

Methoden des Recruiting

Werbeveranstaltungen, Casting Days und Events sind die dem Publikum zugewandten Methoden des neuen Recruiting. Dort stellen sich die Arbeitgeber vor, erläutern ihre Firmenkultur als modern und locken mit Incentives oder Benefits zur Unterzeichnung  der Anstellungsverträge. Die Aufforderungen an Mitarbeiter, Freunde oder Bekannte anzuwerben, sind weitere Wege der Personalbeschaffung. Dabei werden erfolgreiche Empfehlungen entlohnt. Das aktive Suchen nach passiv Suchenden, also das Durchstöbern von Plattformen mit Bewerbern, ist eine weitere Möglichkeit (s.a. Beitrag „Passives Suchen und Datenschutz“).

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Die erste Brücke zur maßgeschneiderten Personalberatung in Richtung auf passgenaue Zielgruppen ist ein sehr erfolgreicher Weg. Sein Erfolg basiert auf der Bearbeitung enger Personenkreise und der Direktansprache geeigneter Kandidaten von Führungskräften oder Spezialisten, denn sie segmentiert die in Frage kommenden Zielgruppen besetzungsgerecht. Deshalb führt diese Brücke weder zur Personalvermittlung noch zur SEO-Personalberatung (siehe auch Beraterbrief April 2019 „SEO-Personalberatung – eine Mogelpackung?“ auf www.kettembeil.de).

2. Brücke: Fundorte

Natürlich müssen alle Fundorte, an denen sich die benötigten Bewerber aufhalten, von den Personalbeschaffern ermittelt und aufgesucht werden. Deshalb fordert das neue Recruiting neue Wege, die gezielt zu diesen Fundorten führen.

Aktivitäten der Arbeitgeber

Firmen können sich als Arbeitgeber auf einer Messe oder dem Campus von Universitäten präsentieren. Manche Unternehmen haben Recruiting-Center gegründet, um sie zu Orten der Begegnungen mit den Bewerbern zu machen; andere setzen mit ihrer Website auf Internetpräsenz, weil für sie die digitale Welt der Ort ist, an dem sich Kandidaten finden lassen. Dritte posten Videos zur Personalwerbung ins Netz, und wieder andere stellen sich in den Sozialen Medien als interessante Arbeitgeber vor, weil sie das Netz oder die Sozialen Medien als Orte zur Personalbeschaffung identifiziert haben. Weitere Firmen starten Kampagnen an Orten, an denen sich die gesuchten Zielgruppen während ihres Berufsalltags aufhalten.

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Die zweite Brücke zur maßgeschneiderten Personalberatung führt an die Fundorte der Bewerber. In nachtwandlerischer Sicherheit beherrscht sie nicht nur die „Geografie“ des Recruiting, sondern sie kennt auch verborgene Schliche zu den Bewerbern. Diesen Vorteil kann sie gerade in sehr engen Märkten im Gegensatz zu Schwarzen Schafen ausspielen; die versuchen nämlich, zur Abwendung ihres eigenen Misserfolgs ihren Auftraggebern branchenfremde Quereinsteiger als die richtige Lösung des Besetzungsproblems weiszumachen. Für andere Abwege verweise ich auf den Beitrag „Schwarze Schafe unter den Beratern“.

3. Brücke: Qualifikation

Die Qualifikation für die ausgeschriebene Position ist die Voraussetzung für die Berufung eines Bewerbers. Sie muss also bei der Personalbeschaffung zuerst abgeklärt werden. Positives Wissen geht vor Persönlichkeit; denn eine hervorragende Persönlichkeit, die den Anforderungen der Stelle nicht gewachsen ist, eignet sich weder als Spezialist noch als Führungskraft.

Abklärung des Fachwissens

Das neue Recruiting stellt die Qualifikation ebenfalls an die erste Stelle. Doch ihre Behauptung im Werdegang gilt häufig schon als Qualifikationsbeweis. Sie dient zumindest zur Grundlage für ein Telefonat mit dem Bewerber. Sofern es freundlich verläuft, wird der Fortgang des Bewerbungsverfahrens festgelegt. Eine Abklärung des Fachwissens wird in diesem ersten Telefonat nicht angestrebt.

Test der Qualifikation

Nur 40 Prozent der Unternehmen testen die Qualifikation der Bewerber. Liegen interne Tests vor, werden sie häufig nicht berücksichtigt, weil die einstellenden Personen ihre Einschätzung der Bewerber den Testergebnissen vorziehen. Geschäftsführer, die sich bewerben, müssen in der Regel ihre Qualifikation nicht nachweisen. Sie wird unterstellt, weil die Geschäftsführung an sich als Beweis gewertet wird. Eine Pflicht, ihre Qualifikation zu belegen, trifft frühestens die Hierarchie-Ebene der 2. Reihe.

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Die dritte Brücke zur maßgeschneiderten Personalberatung führt zur Beurteilung der Qualifikation eines Bewerbers. Da sie sich mit den Angaben im Werdegang und den Bewerbungsunterlagen nicht begnügt, ist auf die maßgeschneiderte Personalberatung bei der Darstellung der Qualifikation aller Bewerber Verlass. Dagegen hinterfragen die Schwarzen Schafe unter den Personalberatern die Fachkenntnisse gar nicht erst, um ihre Search-Ergebnisse und die anschließenden Präsentationen der Kandidaten nicht zu gefährden.

4. Brücke: Kosten

Die Kosten spielen für die Beauftragung einer Personalberatungsfirma eine nicht unwesentliche Rolle. Gemeint ist nicht das Honorar als Auszahlung, das die Kosten des Suchauftrages und die Aufwendungen zur Aufrechterhaltung des Netzwerkes zur Personalbeschaffung  abdeckt. Eine maßgeschneiderte Personalberatung wird nämlich erst durch ein leistungsfähiges Netzwerk ermöglicht. Im Blickpunkt steht vielmehr der Vergleich der Kosten für die Bestellung einer Personalberatung zu denen, die durch die Maßnahmen des Personalmarketing für das neue Recruiting entstehen.

Reduzierung der Kosten

Die Reduzierung um 70 Prozent der Kosten für Personalberatung wurde von einer Firma als Erfolg vermeldet, die das neue Recruiting zur Personalbeschaffung einsetzt. Sie war durch aktives Sourcing bei passiv Suchenden, durch Mitarbeiterempfehlungen oder durch Inhouse-Searches erreicht worden. Doch, ob diese Reduzierung eine Ersparnis und wenn ja, in welcher Höhe war, lässt sich von außen schwer beurteilen.

Leerkosten

Gegen den zitierten Rückgang laufen die Personalkosten bis hin zu Neueinstellungen und die Sachkosten, die für die Umsetzung des neuen Recruiting entstehen. Sollte bereits vorhandenes Personal Aufgaben zusätzlich übernommen haben, ist eine höhere Auslastung entstanden. Sie wird deshalb nicht kostenrelevant, weil sie in der Vergangenheit bereits als Leerkosten bezahlt worden ist. Die Auslastung bisher nicht genutzter, aber bezahlter Kapazitäten kann schwerlich als Erfolg verbucht werden. Sie passt lediglich das Leistungsniveau der Stelleninhaber an deren Gehaltszahlungen an.

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Die vierte Brücke zur maßgeschneiderten Personalberatung darf nur betreten werden, wenn bereits alle Alternativen bedacht oder ausgeschöpft worden sind. Ein Kostenvergleich ist also vor Auftragserteilung vorzunehmen, damit er für Klarheit sorgen kann. Das neue Recruiting bildet keine Ausnahme.

5. Brücke: Opportunitätskosten

Unter „Opportunitätskosten“ sind entgangene Erlöse zu verstehen. Der Begriff trägt noch mehr zur Verwirrung bei, wenn die entgangenen Erlöse gar keine Einnahmen, sondern nur entgangene Nutzen sind. Sie entstehen dadurch, dass vorhandene Möglichkeiten, also Opportunitäten nicht wahrgenommen werden. Sie sind Kosten des Verzichts oder Kosten entgangener Gewinne, die auch bei der Personalbeschaffung auftreten können.

Bewerberanalyse

Opportunitätskosten entstehen, sofern eine erfolgreiche Personalberatung nicht in Anspruch genommen wird. Dem Unternehmen entgeht nämlich die Besetzung der ausgeschriebenen Stelle als Nutzen. So erhält das Unternehmen keine Bewerberanalyse, ihm entgeht damit ein Nutzen, der in der maßgeschneiderten Personalberatung enthalten ist.

Differenzkosten

Vor Opportunitätskosten ist auch das neue Recruiting nicht gefeit. Sie treten als Differenzkosten auf, sobald strategisch neue Maßnahmen zur Personalbeschaffung eingesetzt werden, die unter dem Qualitätsniveau der Personalberatung liegen. Die Opportunitätskosten bleiben auch erhalten, wenn die neuen Strategien nur die Auslastung interner Kapazitäten zur Personalbeschaffung bewirken.

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Die fünfte Brücke zur maßgeschneiderten Personalberatung führt auch bei dem neuen Recruiting über den Verzicht auf Opportunitätskosten, also zu ihrer Beauftragung.

6. Brücke: Talentsuche

Die Talentsuche hat sich aus dem Fachkräftemangel ergeben und zu einem neuen Zweig der Personalbeschaffung entwickelt. Fehlende Fachkräfte und nicht zu besetzende offene Stellen verlangen die Suche nach Personal, das zu Spezialisten oder Führungskräften entwickelt werden kann. Diese Zielgruppe sind die Talente.

Mangel an Talenten

Der Mangel an Talenten wird laut einer Umfrage eines internationalen Netzwerkes hochrangiger Manager als die größte Bedrohung für die Existenz von Unternehmen angesehen. Deshalb wird der Talentsuche von agilen Geschäftsleitungen höchste Priorität eingeräumt; denn die Talentsuche ist nicht nur eine Aufgabe der Personalbeschaffung, sondern auch eine der Personalentwicklung. Die Umfrage hat nämlich ergeben, dass viele Firmen überhaupt nicht wissen, ob und wie viele Talente sie bereits in den eigenen Reihen haben.

Themen der Talentsuche

Der enormen Bedeutung der Talentsuche für Unternehmen trägt das neue Recruiting mit der Entwicklung geeigneter Strategien und Maßnahmen Rechnung. Dabei geht es um folgende Themen:

  1. Wie können Talente erkannt werden?
  2. Wie sind Talente innerhalb der eigenen Firma aufzuspüren?
  3. Wie können Talente extern beschafft werden?
  4. Wie hält sich ein Unternehmen für Talente fit?
  5. Wie macht sich ein Unternehmen für Talente attraktiv?

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Die sechste Brücke zur maßgeschneiderten Personalberatung führt über ihre Angebote an Talente zur Karriereberatung, Personalbeurteilung, Personalentwicklung und Personalbeschaffung. Mit dieser Palette an Fertigkeiten kann sie Unternehmen umfassend beim Beantworten der fünf Fragen unterstützen.

7. Brücke: Digitalisierung

Die Digitalisierung ist zunehmend ein wichtiges Thema der Personalbeschaffung. Algorithmen des maschinellen Lernens werden zur Suche, Auswahl oder Beurteilung von Personal eingesetzt. Die Spracherkennung sowie Programme zu Analysen von sprachlichen Ausdrücken oder Körpersprache sind in den USA auf dem Weg, Hilfsmittel zur Personalbeurteilung zu werden.

Profiling

Der Schutz persönlicher Daten, in der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und den Datenschutzgesetzen geregelt, setzt der digitalen Personalbeschaffung deutliche Grenzen. Das Profiling, die automatisierte Datenverarbeitung personenbezogener Daten, definiert in Art. 4 Ziff. 4 DSGVO, ist verboten. Das passive Suchen ist an die Einwilligung der Kandidaten gebunden.

US-Markt

In den USA breitet sich die Digitalisierung bei den Personaldienstleistern nach Wildwest-Manier ungezügelt aus. Der Schutz persönlicher Daten spielt eine untergeordnete Rolle. Werden Subunternehmen im asiatischen Raum beschäftigt, wird er ausgeblendet; denn er behindert den durch Digitalisierung ermöglichten kostensenkenden Fortschritt.Bei 66 Millionen offenen Stellen im Jahr ist der US- Markt der Personalbeschaffung lukrativ und hart umkämpft. Nur 40 Prozent der Firmen vergeben ihre Personalbeschaffung an externe Vermittler. Nur ein Drittel davon prüft, ob sich die Vergabe gelohnt hat.

Datenschutz

Für das neue Recruiting entwickelte sich die Digitalisierung der Personalbeschaffung zum Perpetuum mobile, weil sich die ständig abwechselnden Rationalisierungsvorteile an rechtlichen Einschränkungen stoßen. Die Entwicklung der Personalbeschaffung in den USA kann für das neue Recruiting kein Vorbild sein; die Mentalität des „hire and fire“ ist nicht auf deutsche Verhältnisse übertragbar. Es widerspricht dem Kündigungsschutz und findet ihre Grenzen in dem auf der DSGVO basierenden strengeren Schutz personenbezogener Daten.

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Die siebte Brücke zur maßgeschneiderten Personalberatung führt über die Einhaltung der DSGVO, nicht nur bei der digitalen Personalbeschaffung, die dem Schutz der Bewerber dient. Die digitalen Prozesse werden von Personen überwacht, so dass Profiling ausgeschlossen ist. Die Direktansprache garantiert den umfassendsten Schutz, weil die Kandidaten ihre Einwilligung freiwillig erteilen und jederzeit zum Entzug der Einwilligung in der Lage sind.

Resümee

Über 7 Brücken kann die maßgeschneiderte Personalberatung erreicht werden; denn sie beherrscht auch das neue Recruiting.

Call-to-action

Zur weiteren Lektüre werden die Sonder-Beraterbriefe 2000 „Die maßgeschneiderte Personalberatung“ und Mai 2010 „Die maßgeschneiderte Personalberatung … 10 Jahre später“ sowie der Beraterbrief April 2019 „SEO-Personalberatung – eine Mogelpackung?“ (www.kettembeil.de) empfohlen.

Fazit

Das neue Recruiting tritt mit dem Anspruch auf, erfolgreichere Methoden zur Personalbeschaffung vorzuweisen. Anlass sind die ungelösten Probleme, die mit dem Facharbeitermangel verbunden sind. Hinzukommen die Anforderungen, die aus der Digitalisierung erwachsen. Sie zwingen zur Einhaltung des Datenschutzes personenbezogener Daten gemäß DSGVO.

So ist das neue Recruiting dem Spagat ausgesetzt, einerseits dem technischen Fortschritt der Digitalisierung zu folgen und andererseits die persönlichen Daten der Bewerber zu schützen.

Die maßgeschneiderte Personalberatung ist in den lesenswerten Sonder-Beraterbriefen 2000 „Die maßgeschneiderte Personalberatung“ und April 2010 „Die maßgeschneiderte Personalberatung … 10 Jahre später“ (www.kettembeil.de) ausführlich beschrieben worden. Sie ist auch „20 Jahre danach“ eine Erfolg versprechende Methode, die neben Personalbeschaffung auch Personalentwicklung und Personalbeurteilung einschließt; denn sie hat sich unter Berücksichtigung des neuen Recruiting den Anforderungen der weiteren zehn Jahre als gewachsen erwiesen.

Über 7 Brücken bleibt die maßgeschneiderte Personalberatung erreichbar, denn sie hat die Zielgruppen im Griff. Sie sucht die tatsächlichen und virtuellen Fundorte für Bewerber auf, weil sie deren Qualifikationen beurteilen kann. Sie kennt die Kosten und Opportunitätskosten. Talente spürt sie auf und wendet die Digitalisierung unter Datenschutz an.

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