Der Mangel an Teamfähigkeit eines Kandidaten findet viel zu selten die erforderliche Beachtung im Recruiting. Zwar ist die Teamfähigkeit Teil der zu überprüfenden Führungskompetenz; doch geben sich Recruiter häufig bereits mit der eigenen Schilderung des Kandidaten zufrieden, statt den Mangel an Teamfähigkeit bei ihm auszuloten. Die Teamfähigkeit zeigt sich nicht nur an der Kompetenz des Kandidaten, ein Team zu führen, sondern auch an seiner Fähigkeit, ein Team zusammenzustellen. Dem Team schließlich zum Erfolg zu verhelfen, ist ebenso Teil der Teamfähigkeit; deshalb bescheinigt die bloße Motivation des Teams zum Erfolg dem Kandidaten allerdings noch nicht die volle Teamfähigkeit.

Darstellung des Mangels an Teamfähigkeit

Dem Mangel an Teamfähigkeit gehen die Recruiter viel zu wenig auf den Grund. Sie beruhigen sich bereits bei der Behauptung des Kandidaten, er sei teamfähig. Führungskräfte betonen zudem, sie bevorzugten einen Führungsstil der Teamfähigkeit, indem sie nebulöse Bilder beschwören.

Doch Teamfähigkeit ist mehr nur ein Stichwort zu Narrativen aus der Welt des Führens. Teamfähigkeit ist eine wichtige Führungseigenschaft, die keinen Mangel verträgt. Ein Mangel an Teamfähigkeit wird hart bestraft, wie die CDU aktuell bei der Bundestagswahl 2021 leidvoll erfahren musste.

Teambildung der CDU bei der Bundestagswahl 2021

Während der Bundestagswahl 2021 tat sich die Union aus CDU und CSU im Wahlkampf extrem schwer, den Wählern ihren Anspruch auf eine Regierungsbeteiligung auch nach Merkel zu begründen. Zudem vermochte sie es nicht, ihren Kanzlerkandidaten als legitimen Nachfolger von Angela Merkel glaubwürdig zu vermitteln.

Schließlich erreichte ihr Kandidat Armin Laschet mit nur 24,1 Prozent der Stimmen ein sehr schlechtes Ergebnis. Allerdings lag er nur 1,6 Prozent hinter Olaf Scholz, der die meisten Stimmen mit 25,7 Prozent auf sich vereinigen konnte.

Ursächlich für das schlechte Ergebnis war ein Mangel an Teamfähigkeit von CDU/CSU, der, an drei Fällen dargestellt, als warnendes Beispiel dienen kann.

Team 1: Kanzlerkandidatenwahl der CDU/CSU

Für die Wahl des Kanzlerkandidaten mussten sich die Schwesterparteien auf eine Person einigen. Ein Team zur Kandidatenwahl bildeten sie nicht. Stattdessen schlug die CDU den Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen und CDU-Bundesvorsitzenden Armin Laschet als eigenen Kandidaten vor. Die CSU konterte mit ihrem Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder; denn die ParteiBasis der CDU zog Söder vor.

Dennoch setzte sich die CDU über die Anti-Laschet-Stimmung hinweg: Gegenüber der CSU bestand die deutlich größere CDU in Person des Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble auf dem alleinigen Recht zur Kandidatenwahl. Die CSU gab klein bei, zeigte im Wahlkampf allerdings ihren Unmut.

Der Bundesvorstand der CDU war damit zum Team Kanzlerkandidatenwahl geworden. Auf Drängen von Schäuble und dem hessischem Ministerpräsidenten Volker Bouffier bestellte der Vorstand Armin Laschet zum Kanzlerkandidaten. Schließlich hatte ein Argument der beiden überzeugt: ein Kanzler Söder werde mit seiner Richtlinienkompetenz die Rechte der CDU einschränken.

Ausgegangen war das Team Kanzlerkandidatenwahl von der Einschätzung, die CDU/CSU würden die größte Fraktion auch im nächsten Bundestag bilden. Auch Schäuble bliebe deshalb Bundestagspräsident. Doch diese Prognose war ein Trugschluss. Die CDU brach unter dem Kanzlerkandidaten Armin Laschet deutlich ein und wurde im Bundestag nur zweite Kraft.

Team 2: Regierungskompetenz der Union

Ein Team zur Regierungskompetenz bildete Laschet erst, als die Zustimmung zu ihm und der Union, von 35 Prozent kommend, auf 19 Prozent gefallen war. Die Briefwahlunterlagen waren zu diesem Zeitpunkt bereits verschickt; die ersten Wähler hatten abgestimmt.

Das aus acht Personen, vorwiegend No-Names, bestehende Team sollte keine eigene Außenwirkung entfalten und nur auf Laschet als Teamleiter zugeschnitten sein. Einmal vorgestellt, trat es nie wieder in Erscheinung. Seine Aufgabe der Kompetenzvermittlung von Laschet als Kanzlerkandidat verfehlte es vollkommen.

Team 3: Regierungssondierung der CDU

Das Team zur Regierungssondierung war dem Wahlausgang geschuldet. Die CDU hatte unter Laschet fast neun Prozent der Stimmen verloren. So rangen drei gleich starke Gruppierungen um die Regierungsbeteiligung: Grüne und FDP mit zusammen 26,3 Prozent, SPD mit 25,7 Prozent und CDU/CSU mit 24,1 Prozent.

Das Sondierungsteam der CDU/CSU hatte die Aufgabe, die Möglichkeiten gemeinsamer Regierungen und die Kanzlerschaft zu sondieren. SPD, Grüne, FDP und CSU hatten ihre Teams bereits gebildet. Nur die CDU mit Laschet hinkte hinterher. Als das Team schließlich stand, war die Übergröße von zehn Personen Gegenstand der Kritik. Das Team der CSU betrug nur fünf Personen.

Die Zusammensetzung des Teams zur Regierungssondierung enthielt außer Laschet als Kanzlerkandidaten drei Ministerpräsidenten, einen Stellvertretenden Ministerpräsidenten, zwei Bundesminister, den Fraktionsvorsitzenden, den Generalsekretär der CDU und ein Mitglied des Bundesvorstandes.

Beurteilung des Mangels an Teamfähigkeit

Der Mangel an Teamfähigkeit lässt sich gut an den drei Teams beurteilen; denn die Teams haben unterschiedliche Aufgaben und personell abweichende Zusammensetzungen.

Kritik am Team zur Kanzlerkandidatenwahl

Die Zusammensetzung des Teams zur Kanzlerkandidatenwahl war nicht vorgegeben; denn eine Beteiligung der CSU war nicht ausgeschlossen. Aber Schäuble setzte sich kraft persönlicher Autorität und mit Unterstützung von Bouffier mit seinem Vorschlag durch. Laschet wird zum Kanzlerkandidaten gekürt. Doch das Duo hat seinen Mangel an Teamfähigkeit offenbart, weil es sein Team nicht zum Erfolg geführt hat.

Obwohl Söder die besseren Wahlaussichten hatte, lehnte ihn das Team als Kanzlerkandidaten ab. Es ging kurzsichtig von überzogenen Wahlerwartungen aus. Außerdem rekrutierte es Laschet nicht nach dem Grundsatz von Friedrich dem Großen: „Ich brauche Generäle, die nicht nur tüchtig sind, sondern auch Fortune haben.“ 

Ein bei einer Rede des Bundespräsidenten an die Flutopfer lachender Laschet oder sein gegen das Wahlgeheimnis gefalteter Wahlzettel attestieren Fortune gerade nicht.

Beurteilung des Teams für Regierungskompetenz

Die Zusammenstellung des Teams für Regierungskompetenz begrenzt die Teamfähigkeit von Laschet erheblich.

Außer Merz, der das Wirtschaftsressort im Falle der Regierung für sich reklamierte, verfügte keins der Teammitglieder über vorzeigbare Kompetenz. Silvia Breher ist Mitglied des Bundesvorstandes. Sie hatte den Wahlkreis Cloppenburg/Vechta 2017 mit 60 Prozent der Stimmen gewonnen; 2021 waren es noch 49 Prozent. Immerhin langte es für eine Aufnahme in das Sondierungsteam, da niemand unter den Direktkandidaten der CDU mehr Stimmen gewonnen hatte.

Allen Teammitgliedern war gemeinsam, dass sie wieder in der Versenkung verschwanden. Eine Regierungskompetenz von Laschet konnten sie dank erfolgloser Teamfähigkeit nicht vermitteln.

Bewertung der Teambildung zur Regierungssondierung

Die Teambildung zur Regierungssondierung wurde von Laschet gebildet, obwohl ein desaströses Ergebnis für die CDU eingefahren und er sich mangels Fortune ein Loser-Image zugezogen hatte. Die von Parteifreunden geäußerte Ansicht, die Union sei in der Opposition besser aufgehoben, vermochte Laschet zu beruhigen. Durch Kompromisse mit seinen Kritikern und die Aussicht auf eine Jamaika-Koalition hatte er einen Rücktritt vermeiden können.

Kompromissmitglied des Sondierungsteams war der alte und neue Fraktionsvorsitzende, dem Laschet eine sechsmonatige Wahlperiode abgerungen hatte.

Mitglieder aus Dank waren Bouffier, dem Laschet seine Kanzlerkandidatur verdankte, und Thomas Strobel, der Schwiegersohn Schäubles. Laschets Steigbügelhalter bei der Kandidatur zum CDU-Vorsitzenden gegen Merz, Jens Spahn, zählte auch zum Sondierungsteam.

Kritikerin im Team war Julia Klöckner. Aus Frust über den Niedergang war sie vom Vorsitz der CDU Rheinland-Pfalz zurückgetreten. Sie hatte außerdem ihr Direktmandat verloren hatte.

Sondierungskompetenz sprach Laschet seinem eigenen Team der Regierungskompetenzoffensichtlich ab. Er übernahm nur den CDU-internen Shooting Star Silvia Breher. Die Wirtschaftskompetenz von Friedrich Merz war nicht mehr gefragt.

Die von Laschet eingegangen Kompromisse zur Rettung seiner Kanzlerkandidatur übten Zwänge auf die Teambildung zur Regierungssondierung aus. Damit zeigten sie zugleich die den Mangel an Teamfähigkeit auf, der den Teamleader und das Team bei der Sondierung einschränkt.

Quintessenz zum Mangel an Teamfähigkeit

Die Teamfähigkeit ist eine wichtige Führungsqualifikation. Sie zeigt sich nicht nur in der Führungsfähigkeit eines Teams, sondern auch bei der Teambildung. Auch schließt die Teamfähigkeit das Leadership zum Erfolg des Teams ein.

Die im Spot aufgeführten drei Fallbeispiele bieten die erforderlichen Beweise dafür, dass ein Mangel an Teamfähigkeit desaströse Auswirkungen haben kann. Ein gegen die Interessen des Marktes bestellter Teamleader ohne Fortune ist ein Loser. Ein Team ohne die Chance auf Erfolg beschädigt auch den Teamleiter selbst. Eine Teambildung unter Zwang behindert den Erfolg der Teamarbeit von Teamleader und Team.

Never change a winning team. Ever sack a leader without the capacity for teamwork.

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